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Insgesamt 17 „Colored Mirror Balloons“ des dänischen Künstlers Jeppe Hein hängen seit Sommer 2020 in der Kopenhagener U-Bahn-Station Kongens Nytorv.

Foto: Ida Marie Odgaard/EPA-EFE/Shutterstock

Montag, den 1. Mai 2023 | Pressemitteilung

Stadtrat streitet über „Mirror Balloons“ von Jeppe Hein

CDU-Fraktion will das Kunstwerk nicht im Rathaus sehen

Über die Installation von sechs „Mirror Balloons“ des dänischen Künstlers Jeppe Hein kam es in der letzten Sitzung des Stadtrats zu einer ausführlichen Debatte. Anlass war ein Antrag der CDU-Fraktion, das bereits erworbene Kunstwerk nicht wie geplant im Ratssaal, sondern an einem anderen Ort zu installieren. Eine unangekündigte Protestaktion der CDU kurz vor Beginn der Diskussion musste vom Bürgermeister unterbunden werden.

Während der Stadtrat eigentlich noch mit den Eckpunkten des Nachtragshaushalts für 2023 beschäftigt war, betraten die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Angela Linhart und Heinz-Jürgen Goldmann, ebenfalls CDU, den Ratssaal mit bunten Helium-Ballons. Die Protestaktion verstoße gegen „die gute Ordnung des Hauses“ und sei unzulässig, befand Bürgermeister Daniel Zimmermann in seiner Funktion als Sitzungsleiter. Für den Fall, dass die Aktion fortgesetzt würde, drohte er mit Ordnungsmaßnahmen. Die beiden CDU-Mitglieder fügten sich und verließen den Saal. Anschließend wurde über den CDU-Antrag diskutiert.

Der Antrag der CDU-Fraktion, auf eine Installation des Kunstwerks im Ratssaal zu verzichten, sei „von tiefen Missverständnissen durchdrungen“, bemerkte die PETO-Ratsfrau und Professorin für Bildhauerei Sarah Starosky. Man könne das Kunstwerk nicht einfach an einen anderen Ort verlegen, weil es vom Künstler eigens für den Ratssaal entworfen worden sei. „Dahinter steht eine inhaltliche Idee. Sie bezieht das hier angebrachte Stadtwappen ein. Die Inhaltsdimension wäre nicht mehr gegeben, wenn die Arbeit andere Räumlichkeiten beziehen würde“, führte Starosky aus.

Die CDU müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, bei der städtischen Sitzung der Kunstkommission im Januar, ohne Angabe von Gründen ferngeblieben zu sein. In genau dieser Sitzung war der Erwerb des Kunstwerks einstimmig befürwortet worden. Starosky dazu: „Amt bedeutet Anwesenheit. Sie als CDU sind ihrer Verantwortung in der Kunstkommission nicht nachgekommen.“

Der Forderung der CDU-Fraktion nach einer möglichst neutralen Gestaltung des Ratssaals stellte Starosky die unabhängig von politischen Mehrheiten gepflegte Kunstpolitik des Deutschen Bundestags gegenüber. Hierzu verwies sie auf die offizielle Webseite der Kunstsammlung des Bundestags. Dort hieße es: „Die Kunstsammlung […] umfasst etwa vier bis fünftausend Werke, je nachdem wie man zählt. Diese Arbeiten hängen überall in den Räumen, Büros und Sitzungsräume des Parlaments, das heißt in allen Parlamentsgebäuden.“ Der Ältestenratssaal in Berlin beispielsweise, sei ein Farb-Raum-Objekt.

Starosky zitierte außerdem den früheren CDU-Parteivorsitzenden und späteren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble. „Die Kunstwerke im Bundestag, darunter Arbeiten von Gerhard Richter, machten bewusst,“ so Schäuble, „dass die Bundesrepublik Deutschland nach den Katastrophen des ersten Weltkrieges, nach dem absoluten Abgrund von Auschwitz und dem Holocaust eine zweite Chance bekommen“ habe. Starosky führte im Rat weiter aus: „Unsere Verfassung fordert und garantiert, und das seit 1949 und nicht ohne Grund, keine Freiheit ohne Kunst.“ Das Eintreten für demokratische Werte sei immer richtig, das sei die Aufgabe der Politik, denn „Monheim am Rhein ist eine Stadt für alle, Monheim am Rhein ist eine Stadt, in der Kunst für alle ist“, so Starosky.

Auch Bürgermeister Daniel Zimmermann begründete in einem eigenen Wortbeitrag sein Unverständnis über die Position der CDU-Fraktion. Dabei verwies er unter anderem darauf, dass die Monheimer Christdemokraten bisher sämtliche Kunstwerke im öffentlichen Raum abgelehnt hätten.“ Er sei froh, dass die Ratsmehrheit für Kunst offen sei. „Kunst gestaltet den öffentlichen Raum. Sie leistet einen Beitrag zur Identität der Stadt. Sie ist für alle da und gibt dem öffentlichen Raum einen Wert. Damit ist sie ein Gegenentwurf zum Rückzug ins Private. Die Kunst stärkt das Gemeinwesen und die Verantwortung der Menschen für ihre Stadt. Sie stillt ein Grundbedürfnis der menschlichen Seele.“ Inhaltlich stelle er sich vollkommen hinter die Ausführungen seiner Parteikollegin Starosky. Im Hinblick auf die Vorwürfe der CDU-Fraktion, er habe bei der Anschaffung des Kunstwerks im Alleingang gehandelt, verwies Zimmermann auf die Beteiligung der Kunstkommission und seine eigene Rolle als Vorsitzender des Stadtrats, die ihn in die Lage versetze, innerhalb des vom Stadtrat gesetzten Rahmens über die Gestaltung der Ratsräume zu entscheiden.

Andy Eggert, stellvertretender Vorsitzender der PETO-Fraktion, erklärte nach der Sitzung: „Die CDU hat in der Vergangenheit stets gegen die Anschaffung von Kunst votiert. Ihre Ablehnung der ‚Mirror Balloons‘ ist deshalb keine Überraschung. Dass sie nun jedoch ein bereits erworbenes Kunstwerk an einen weniger prominenten Ort versetzen will, hat eine neue Qualität. Wir fragen uns, ob die CDU, wenn sie die Mehrheit dazu hätte und ihrer Linie treu bliebe, eines Tages dann auch alle anderen von ihr kritisierten Werke wieder aus dem öffentlichen Raum entfernen würde. Die Position der CDU ist deshalb höchst problematisch. Ihr ist gar nicht bewusst, welche Wirkung ihr Antrag entfaltet hat. Es geht hier nicht mehr um ein einzelnes Werk für den Ratssaal, sondern um die ganz grundsätzliche Frage des Umgangs mit Kunst in Monheim am Rhein.“

 

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