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Montag, den 29. Januar 2007 | Anträge und Stellungnahmen

Offener Brief an die Landtagsabgeordneten

Geplanter Bau einer Propylen- und einer Kohlenmonoxidpipeline

An die Abgeordneten Herrn Hans-Dieter Clauser, Frau Claudia Nell-Paul, Herrn Dr. Robert Orth und Frau Monika Düker, Platz des Landtags 1, 40002 Düsseldorf

Offener Brief an die Landtagsabgeordneten für den Wahlkreis Mettmann I

Sehr geehrter Herr Clauser, sehr geehrte Frau Nell-Paul, sehr geehrter Herr Dr. Orth, sehr geehrte Frau Düker,

der geplante Bau einer Propylen- und einer Kohlenmonoxid-Pipeline durch Monheim und weitere Städte im Kreis Mettmann macht uns große Sorgen. Wie Sie wissen, plant Bayer eine Verbindung zwischen den Werken Dormagen und Uerdingen zum Transport von Kohlenmonoxid und eine weitere Verbindung von Worringen nach Duisburg-Meiderich, durch die druckverflüssigtes Propylen gepumpt werden soll. Die Landesregierung und alle im Landtag vertretenen Fraktionen unterstützen das Projekt, weil es angeblich dem Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen dienen soll. Wir halten es jedoch für äußerst problematisch.

Die Trasse soll von Dormagen aus durch den Rhein auf das Monheimer Stadtgebiet geführt werden. Sie verläuft dann am Stadtteil Blee vorbei parallel zur Alfred-Nobel-Straße, bis sie im Osten Monheims und Baumbergs entlang der Autobahn 59 in Richtung Düsseldorf geführt wird. Dabei befinden sich die Leitungen in unmittelbarer Nähe zu geschlossener Wohnbebauung. Trotzdem sind die geplanten Sicherheitsvorkehrungen minimal. Die Schieberstationen, mit denen sich die Leitungen bei einem Störfall abriegeln lassen, sind so weit voneinander entfernt, dass bei einem Störfall Gas in großen Mengen freigesetzt würde. Beide Gase, die durch die Leitungen fließen sollen, sind sehr gefährlich. Bei Propylen, das auch Propen genannt wird, handelt es sich um ein Gas, das unter anderem zur Produktion des gängigen Kunststoffs Polypropylen verwendet wird. Es ist äußerst feuergefährlich und explosiv. Kohlenmonoxid ist zwar auch sehr leicht brennbar, darüber hinaus aber noch hochgiftig. Nur kleine Mengen in der Atemluft können schwere Symptome auslösen. Eine Konzentration von mehr als einem Prozent wirkt fast immer tödlich.

In einem Gutachten vom 06.06.2005 unter dem Titel „Auswirkungen von Lecks und einem Vollbruch in der Kohlenmonoxid-Leitung von Köln-Worringen nach Krefeld-Uerdingen“ hat der Rheinisch-Westfälische TÜV mögliche Freisetzungsszenarien untersucht. Dabei wurde sowohl der Fall eines Vollbruchs als auch der Eintritt eines Lecks von 20 mm Größe zu Grunde gelegt. Bei einem Vollbruch würde sich das Kohlenmonoxid, das mit einem Betriebsdruck von etwa 40 bar in der Leitung vorhanden ist, je nach Ausbreitungsbedingungen (Wind, Wetter, topographische Lage) und je nach Schieberabstand bis zu einem Radius von 1.200 Metern von der Unfallstelle entfernt so konzentriert ausbreiten, dass es tödlich wirkt. Das liegt vor allem an den großen Schieberabständen. Die Feuerwehren im Kreis Mettmann weisen darauf hin, dass die Rohrleitungen mit zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen ausgerüstet werden müssen, um die Ausbreitungsradien der Gase zu verringern.

Für den Fall eines kleinen Lecks von nur 20 mm Durchmesser geht das Gutachten des RWTÜV immer noch von einer tödlich-giftigen Kohlenmonoxid-Atmosphäre in einem Radius von bis zu 230 Metern aus. Da bei einem möglichen Störfall natürlich nicht klar ist, wie viel Kohlenmonoxid sich ausbreitet und in welche Richtung der Wind es weht, hat auch die Feuerwehr ein Problem: Der Eigenschutz der Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen ist mangels entsprechender Ausrüstung schlicht nicht gewährleistet. Die Einsatzkräfte könnten sich der Unfallstelle nicht nähern, ohne sich unkontrolliert in einen tödlich-giftigen Bereich hineinbegeben zu müssen.

In Bezug auf die Gefahren, die von der geplanten Propylenleitung ausgehen, können wir gleich auf zwei Gutachten des RWTÜV verweisen. In der „Betrachtung der Auswirkungen von Störfällen in der Sektion 4, 5 oder 9 der Propylenpipeline“ vom 14.12.2004 und der Untersuchung der „Auswirkungen von Lecks und einem Vollbruch in der Sektion 5 der Propylenpipeline“ vom 18.03.2005 werden die gleichen Freisetzungsszenarien untersucht wie im Kohlenmonoxidgutachten. Eine besondere Gefahr ist hier die hohe Explosivität des Gases. Sollte aus einem kleinen Leck von 20 mm Durchmesser Propylen austreten, könnte eine Zündquelle innerhalb eines Radius von 350 Metern bereits eine Explosion verursachen. Eine solche Zündquelle kann grundsätzlich jedes Kraftfahrzeug darstellen, aber auch eine alte Straßenlaterne oder ein anderes elektrisches Gerät. Die Explosion aufgrund des kleinen Lecks würde die kaputte Propylenleitung dann noch weiter zerstören und könnte ihrerseits einen Vollbruch verursachen, bei dem dann noch mehr Propylen austritt und verbrennt. Für einen Vollbruch der Leitung haben die Ingenieure des RWTÜV Austrittsradien von 1.720 bis 2.500 Metern berechnet. Das druckverflüssigte Propylen wird bei einem Austritt sofort wieder gasförmig. Es breitet sich innerhalb von 45 Sekunden im Gefahrenbereich aus. Das bedeutet auch, dass lediglich 45 Sekunden zur Evakuierung des Gebiets zur Verfügung stünden. Auch hier ergibt sich für die Feuerwehr das Problem des Eigenschutzes bei einem möglichen Einsatz. Er wäre nicht gegeben.

Innerhalb der für den Fall eines Vollbruchs berechneten Gefahrenbereiche beider Leitungen befinden sich Schulen, Kindertagesstätten sowie Seniorenheime, Wohn- und Geschäftshäuser. Diese Gebäude bei einem Störfall in sehr kurzer Zeit zu evakuieren ist völlig unmöglich. In Monheim sind alle im Rat der Stadt vertretenen Parteien gegen das Projekt. Im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange hat die Monheimer Stadtverwaltung schon mehrmals Stellung zu den Plänen bezogen und wiederholt schwere Bedenken geltend gemacht. Auch andere Städte im Kreis Mettmann sowie der Kreis Mettmann selbst wehren sich gegen das Projekt. Betroffen sind neben Monheim vor allem die Städte Erkrath, Hilden, Langenfeld und Ratingen.

In der Sitzung des Rates der Stadt Monheim am Rhein vom 16.11.2006 haben sich alle Fraktionen gegen die Planungen ausgesprochen und die Stadtverwaltung noch einmal ausdrücklich beauftragt, sich den Bedenken des Kreises Mettmann gegenüber der Bezirksregierung Düsseldorf anzuschließen. Im Landtag scheint die Situation jedoch eine andere zu sein. Aus den Protokollen zum Gesetzgebungsverfahren für das „Gesetz über die Errichtung und den Betrieb einer Rohrleitungsanlage zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen“ (Drucksache 14/909) beschlossen am 15.03.2006 und verkündet am 21.03.2006 bezüglich der Kohlenmonoxid-Leitung geht beispielsweise hervor, dass keine einzige Fraktion und auch keine Abgeordnete oder ein Abgeordneter Bedenken geäußert hat. Herr Minister Prof. Dr. Pinkwart hat es nicht einmal für nötig gehalten, eine Einbringungsrede zum Gesetzentwurf vorzutragen. Weder in der Plenarsitzung noch im Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie hat es eine einzige Nachfrage oder Wortmeldung zum Thema gegeben.

Wir wenden uns daher an Sie als für den südlichen Kreis Mettmann zuständige Abgeordnete und fragen: Was werden Sie für die Sicherheit der Monheimer Bevölkerung und für die Sicherheit der betroffenen Menschen in den anderen Städten unternehmen? Warum haben Sie dem Projekt so sorglos zugestimmt? Wir, die Unterzeichner dieses Briefes, fühlen uns als Mitglieder des Rates der Stadt Monheim am Rhein den Menschen im Ort und ihrem Wohl besonders verpflichtet. Es geht uns auf keinen Fall darum, unbegründete Ängste zu schüren oder gar Panik zu verbreiten. Die Gefahren, die von den geplanten Leitungen ausgehen, sind jedoch ernst und wir finden, dass man dem Bau der Trasse unter den gegebenen völlig unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen nicht tatenlos zusehen darf. Weder die Monheimer Feuerwehr noch eine andere Feuerwehr im Kreis Mettmann ist für einen Störfall an den Gasleitungen ausgerüstet. Die Evakuierungszeiten, die einzuhalten wären, entbehren jeder Realität.

Wir rufen deshalb Sie als Landtagsabgeordnete auf, sich für die Sicherheit der Menschen in der Region angemessen einzusetzen. Die Sicherheit der Menschen und nicht die Belange des Bayer-Konzerns müssen im Mittelpunkt aller Betrachtungen zum Pipelinebau stehen.

Monheim am Rhein, den 29. Januar 2007

Florian Große-Allermann, Karsten Köchling, Lisa Riedel, Sven Schuhen, Sven Wilcke, Michael Wirtz, Daniel Zimmermann

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