Mittwoch, den 22. März 2006 | Anträge und Stellungnahmen

Beigeordnetenwahl

Rede des PETO-Fraktionsvorsitzenden Daniel Zimmermann in der Rats-Sondersitzung

„Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

ich will ganz offen sein: Man kann diese Sondersitzung von zwei Seiten betrachten. Einerseits ist sie irgendwie unnötig. –Denn die grundsätzliche Entscheidung für oder gegen eine Wiederbesetzung der Beigeordnetenstelle ist längst gefallen. Der Rat hat am 22.09.2005 mehrheitlich beschlossen eine Wiederwahl durchzuführen und das wird heute nur noch einmal bestätigt werden. Andererseits hat diese Sondersitzung auch Vorteile: Endlich kommen alle Argumente offen auf den Tisch und wir haben die Gelegenheit, ausführlicher über das Für und Wider einer Neubesetzung zu streiten.

Als vor einem halben Jahr geheim abgestimmt worden ist, hat es so eine ausführliche Aussprache ja gar nicht gegeben. Da hat doch eher jede Fraktion für sich die einzelnen Argumente abgewogen und dann gesagt: „Ja, wir wollen eine Wiederbesetzung.“ oder „Nein, die brauchen wir nicht.“ Heute haben wir die Gelegenheit, unsere Standpunkte offen auszutauschen. Die SPD-Fraktion hat eine Sondersitzung beantragt. Sie hat damit von ihrem Recht Gebrauch gemacht, das ihr als Ratsfraktion zusteht. Und wir als PETO wollen diesen Rahmen ernsthaft nutzen, um noch einmal alle Gedankengänge - dieses Mal öffentlich – mit Ihnen zu diskutieren. Es geht dabei auch ums Prinzip: Wenn eine bestimmte Zahl von Ratsmitgliedern, vielleicht sogar aus anderen Fraktionen als der der SPD, die Beigeordnetenwahl ablehnt, dann kann es Sinn machen, die Fronten zu klären und eine abschließende Abstimmung herbeizuführen. Wir vertreten zwar nach wie vor die Ansicht, dass eine Wiederbesetzung der Stelle mehr Vor- als Nachteile bietet. Aber wir wollen uns für diese Meinung nicht verstecken und wir sind bereit, mit allen, die eine andere Meinung vertreten, darüber zu streiten.

Lassen Sie mich also zum inhaltlichen Kern kommen: Brauchen wir eine Wiederbesetzung? – Oder sollten wir vor dem Hintergrund der Haushaltslage besser darauf verzichten? „Müssen wir vielleicht sogar darauf verzichten?“, lautet die Frage, die der SPD-Antrag in den Raum stellt. Unsere Antwort, die einstimmige Antwort aller PETO-Fraktionsmitglieder nehme ich dabei gleich vorweg. Sie lautet: Wir brauchen eine Wiederbesetzung der Beigeordnetenstelle. Ja, die Wiederbesetzung macht Sinn. Sie ist in der gegenwärtigen Haushaltssituation verantwortbar. Und sie wird sich bezahlt machen. Zu den Gründen werde ich nachher noch mehr sagen. In unserer Fraktion ist das nämlich sehr lange diskutiert worden. Und ich weiß, dass auch alle anderen Fraktionen das sehr ausführlich abgewogen haben, freilich nicht alle mit dem gleichen Ergebnis. Die Abwägung: Was kostet ein Beigeordneter? Was leistet ein Beigeordneter? Also auf der einen Seite die Frage nach den Ausgaben für die zweitbeste Stelle im Haus und auf der anderen Seite die Frage, ob mit diesen Ausgaben ein personeller Gewinn verbunden ist, der die Kosten mindestens wieder einbringt, das ist dabei wohl der entscheidende Punkt, der von jeder Fraktion beantwortet werden muss.

Diese Frage ist aber nicht neu, sondern sie stand schon vor einem halben Jahr zur Debatte. Schon damals ist versucht worden, die Neubesetzung der Beigeordnetenstelle als Steuerverschwendung darzustellen. Dieser Versuch war weder damals berechtigt, noch trifft er heute zu. Zur Erinnerung: Am 14. September letzten Jahres zeichnete sich nicht-öffentlich in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses ab, dass eine Mehrheit auf die Wiederwahl von Herrn Spiecker verzichten würde, um damit dessen eigenem Wunsch auf Pensionierung Rechnung zu tragen. Nur zwei Tage später, also am 16. September, titelte eine unserer Lokalzeitungen „Mehrheit gegen Spieckers Wahl“. Der Text begann dann so, ich zitiere: „Mit satten Pensions-Ansprüchen, dem so genannten ‚Goldenen Handschlag‘, geht der Beigeordnete Gerd Spiecker Ende Januar in den Ruhestand.“ Zitat Ende. Der dazugehörige Kommentar stand unter dem Titel „Schaden für die Stadtkasse“ und im Inhalt hieß es, ich zitiere: „Warum soll man [...] in einer Zeit, in der Millionen Deutsche arbeitslos sind und Hunderttausende am Rande des Existenzminimums leben, den hochgelobten Beigeordneten mit satter Pension in den Ruhestand verabschieden und gleichzeitig für teures Geld einen neuen Mann einkaufen?“ Zitat Ende.

Sie glauben gar nicht, von wie vielen Lesern ich in der Folgezeit auf diesen Artikel angesprochen worden bin. Auch andere Mitglieder in unserer Fraktion wurden immer wieder gefragt, wie wir bei so etwas überhaupt mitmachen könnten. Wir haben dann immer versucht zu erklären, wie die Frage der Beigeordnetenbezüge gesetzlich geregelt ist. Dass Herr Spiecker bei einer Wiederwahl auf jeden Fall hätte befördert werden müssen. Dass er durch die Beförderung später wesentlich höhere Pensionsansprüche gehabt hätte. Und dass er durch den Verzicht auf seine Wiederwahl finanzielle Abstriche in Kauf nimmt. Wir sind auch nie müde geworden zu erklären, dass ein neu gewählter Beigeordneter mit geringeren Bezügen startet, als ein Beigeordneter, der einmal in seinem Amt bestätigt wird.

Das alles ist kein Geheimnis, weil es in der Entschädigungsverordnung so geregelt ist. Für einen Beigeordneten in einer Kommune mit der Einwohnerzahl Monheims bedeutet eine Bestätigung im Amt die automatische Beförderung von B2 nach B3. Dazu kommt später noch der Differenzbetrag zwischen den Pensionsansprüchen eines ehemaligen B2-Beigeordneten zu denen eines ehemaligen B3-Beigeordneten. Jeder kann diese Zahlen in den einschlägigen Tabellen nachlesen und sich ausrechnen, dass von einem „Goldenen Handschlag“ überhaupt keine Rede sein kann. Im Gegenteil, wir haben einen Mann verabschiedet, dem seine Gehaltsgruppe wurscht war, für den die Familie, seine Freunde und die kommenden Jahre an erster Stelle stehen. Kurz: einen Mann, der ganz bewusst auf einen guten Teil seiner Bezüge verzichtet hat. Vor diesem Hintergrund fand ich es schäbig und unwürdig, aus einer nicht-öffentlichen Sitzung heraus gezielte Falsch-Informationen oder zumindest Halbwahrheiten so abzugeben, dass ein völlig falscher Eindruck entsteht.

Vielleicht haben Sie sich die Hände gerieben, als Sie vom vermeintlichen „Schaden für die Stadtkasse“ gelesen haben, und sich selbst für besonders gewieft gehalten. Ich fand es feige. Sie sind der fairen politischen Auseinandersetzung aus dem Weg gegangen. Und um den nicht vorhandenen Skandal zu schüren, haben Sie bewusst das Ansehen eines quer durch die Fraktionen geschätzten Beamten beschädigt! Sie haben in Kauf genommen, dass der Vorwurf der Bereicherung jemanden trifft, der es nicht verdient hat!Wer hier angesprochen ist, wird sich angesprochen fühlen. Und ich möchte diese Geschichte auch nicht weiter aufwärmen. Der Antrag der SPD-Fraktion, über den wir nachher abstimmen werden, ist dagegen genau der richtige Weg. Hier im Stadtrat muss die Auseinandersetzung stattfinden und – ich wiederhole mich – davor wollen wir uns nicht drücken.

Trotzdem wehren wir uns auch dieses Mal wieder gegen den Vorwurf, die Kosten der Wiederbesetzung nicht im Blick zu haben. Sicher – das lässt sich nicht leugnen –, ein Beigeordneter oder eine Beigeordnete erhält gewisse Bezüge. Der Vorschlag der SPD-Fraktionen, diese Bezüge zu sparen, kann unserer Ansicht nach aber nicht aufgehen. Sie tun dabei nämlich so, als sei die Stelle des Beigeordneten schlichtweg überflüssig. Sie tun so, als könnten andere Beamte im Haus diese Aufgabe nebenbei noch mit erledigen. In unseren Augen geht diese Einschätzung an der Realität vorbei. Natürlich kann man die Verwaltung so umstrukturieren, dass sie mit einem Verwaltungsvorstand auskommt, der nur ein Verwaltungstandem ist. Im Bild säße dann vorne an der Klingel der Bürgermeister und dahinter ein Kämmerer, der strampelt.

Dieser Verwaltungsvorstand würde aber eine andere Struktur mit sich bringen, als wir sie für sinnvoll halten. Die gerade abgeschaffte Zwischenebene der Fachbereichsleiter müsste wahrscheinlich wieder her und es würde zu noch mehr Reibungsverlusten kommen, als es bisher schon vereinzelt der Fall war. Die Idee, alle Bereichsleitungen an einen Tisch zu holen, auf die übergeordneten Fachbereichsleiter zu verzichten und somit auch die interne Kommunikation zu verbessern, hat in unseren Augen dagegen sehr viel Charme.In dieser Struktur ist ein Beigeordneter oder eine Beigeordnete nötig, der oder die mehr leistet als eine Vertretung im Amt, wie § 68 der Gemeindeordnung sie vorsieht. Das hat nichts damit zu tun, dass die bisherigen Fachbereichsleiter schlechte Arbeit gemacht hätten. Im Gegenteil, manchmal steht eine ungünstige Struktur guten Leuten entgegen. Die Struktur in der Verwaltung ist unserer Ansicht jedenfalls seit dem Jahreswechsel auf einem guten Weg. Sie ist schon jetzt kommunikativer geworden und wird mit einem neuen Beigeordneten noch weiter gewinnen.

Wir gehen außerdem davon aus, dass sich Modelle ergeben werden, die ebenfalls zu einer Einsparung führen. Auch Sie, liebe SPD-Fraktion, kennen diese Modelle und sollten in der Öffentlichkeit nicht den anständige Kassenwächter mimen. Man sollte auch nicht den Eindruck erwecken – dieser Antrag legt es zumindest nahe – ein Beigeordneter oder eine Beigeordnete würde nur Kosten verursachen. Nein, er oder sie wird für dieses Geld arbeiten. Ich finde es schade, dass immer so getan wird, als würde das Beigeordnetengehalt B2 direkt zum Schornstein hinausgehen. Das Gegenteil ist der Fall. Wir erwarten für dieses Geld eine Gegenleistung. Letztlich eine Gegenleistung, die sich bezahlt macht. Ich wüsste auch gerne, wer von den jetzigen Beschäftigten die zusätzliche Arbeit eines Beigeordneten erledigen sollte. Allgemeine Vertreter des Bürgermeisters im Amt könnten wir uns viele vorstellen, Herrn Herrmann, Herrn Trost, Frau Warden, auch Herrn Thomanek, aber zusätzliche Arbeit neben ihren bisherigen Aufgaben werden die vier bestimmt nicht erledigen können.

Wir wissen auch, dass der Verwaltungsvorstand, der seit dem Jahreswechsel nur noch zu zweit ist, es alleine nicht schafft, zusätzliche Projekte nicht schultern kann. Und wenn jetzt sogar Hans-Dieter Kursawe, unser Ex-Bürgermeister und nachweislich ja SPD-Mitglied, in der Zeitung bestätigt, ein Wahlbeamter hätte gewisse Vorteile, dann sehen wir das einfach mal genauso. Ich will wohl zugeben, dass bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen, damit sich diese Wiederbesetzung tatsächlich lohnt. Wir brauchen zum Beispiel unbedingt eine Person, die zur Stadt passt. Jemand, der Monheim nicht als Sprosse auf seiner Karriereleiter betrachtet, sondern sich wirklich ernsthaft mit den Problemen dieser Stadt auseinandersetzt. Jemand, der das Nothaushaltsrecht als Herausforderung begreift. Und wir wollen eine Person, die aufgrund ihrer Qualifikation und nicht aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit gewählt wird.

Doch all das sind Details, auf die wir im weiteren Auswahlverfahren achten wollen. Details, die einer Grundsatzentscheidung nicht im Wege stehen. Im Gegenteil: Wenn sich demnächst die vier Bewerber, davon eine Bewerberin, die es bis in die Endrunde geschafft haben, den Fraktionsvorsitzenden präsentieren werden, bin ich überzeugt davon, dass es schnell Einigkeit geben wird, denn die Kriterien für eine Besetzung sind im Großen und Ganzen unstrittig. Die Art der Qualifikation ist ebenso unstrittig wie das voraussichtliche Aufgabengebiet des oder der Neuen. Ich spreche deshalb für die ganze Fraktion, wenn ich zum Schluss noch eine Bitte an die Antragsteller ausspreche: Lassen Sie uns heute die Grundsatzentscheidung fällen, auf die es Ihnen ankommt.

Lassen Sie uns auch sehr gerne die verschiedenen Standpunkte kontrovers diskutieren. Aber seien Sie ab morgen, wenn es nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie geht, konstruktiv dabei. Und helfen Sie einen Kandidaten oder eine Kandidatin auszusuchen, der oder die sich auf breite Unterstützung im Rat verlassen kann.“

Redemanuskript herunterladen (pdf, 71 kB)

 

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