Donnerstag, den 10. November 2005 | Anträge und Stellungnahmen

Städtepartnerschaft mit Malbork

Rede von Daniel Zimmermann am 10.11.2005 im Monheimer Stadtrat

„Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, für die PETO-Fraktion möchte ich ausführen, dass wir die jetzige Beschlussvorlage sehr begrüßen und ihr zustimmen werden. Wie Sie wissen, haben wir uns schon immer für die Städtepartnerschaft mit Malbork ausgesprochen und wir sehen auch kein Problem im Verfahren der Partnerschaftsvereinbarung, wie es von anderen Fraktionen immer wieder geäußert wurde. Lassen Sie mich das kurz begründen, indem ich auf die Vorgeschichte dieses Städtepartnerschafts-Beschlusses eingehe. Ich finde diese Hintergründe unbedingt wichtig.

Teilweise ist das im hitzigen Geschäft der letzten Wochen, als es kurzfristig um Ablehnung, Enthaltung, Für und Wider der Partnerschaft ging, nämlich völlig untergegangen. Ins Rollen kam die Städtepartnerschaft nach vorherigen losen einzelnen Kontakten dann in der Karnevalszeit Anfang diesen Jahres. Die Malborker Delegation nahm am 7. Februar am Monheimer Rosenmontagszug teil, war fasziniert von der Karnevalsstimmung, der kleinen Monheimer Marienburg und ihrem Park. In einer Pressekonferenz bot der Malborker Stadtratsvorsitzende dann die Städtepartnerschaft an, ohne die Monheimer Seite vorher informiert zu haben. In einem interfraktionellen Gespräch am 24. Februar erläuterte die Verwaltung die Umstände der Pressekonferenz und erklärte man habe sich vom Vorgehen der Malborker völlig überrumpelt gefühlt. Aus einzelnen Fraktionen wurde dazu Kritik laut. Es hieß, man wolle erst ein lockeres Bündnis eingehen und erst später dann eine feste Städtepartnerschaft schließen.

Die Verwaltung versprach eine ausführliche Ratsvorlage, die am 17. März im Stadtrat behandelt wurde. Den einstimmig gefassten Beschluss aus dieser Sitzung möchte ich gerne kurz vorlesen: „Der Bürgermeister wird beauftragt, mit der Stadt Malbork (Polen) eine Partnerschaftsvereinbarung zu schließen, mit dem Ziel, gegenseitige Strukturen aufzubauen, die zu einem späteren Zeitpunkt in eine offizielle Städtepartnerschaft münden können.“ Diesen Beschluss haben wir so mitgetragen, innerhalb unserer Fraktion – und das haben wir auch in unseren Fraktionssitzungen so diskutiert - war uns jedoch klar, dass es sich dabei um einen wachsweichen Beschluss handelt, der viel zu verzagt gedacht war. Warum war dieser Beschluss zu verzagt?

In Polen war generell klar, dass eine Städtepartnerschaft geschlossen werden sollte. Die Ankündigung des Malborker Stadtratsvorsitzenden war zwar überraschend, aber sie wurde in Polen voll mitgetragen und war damit nicht bloß der Wunsch eines Einzelnen. Bei uns in Monheim hätte dann nur noch die Entscheidung ja oder nein angestanden. Wer die Partnerschaft nicht gewollt hätte, hätte das sagen müssen. Auch ein „Ja, gerne. Aber nicht sofort“, wie wir es hier gemeinsam im Rat beschlossen haben, war viel zu wenig und zu zögerlich. Das zeigte sich überdeutlich, als dann vom 3. bis 6. Juni 2005 die Monheimer Delegation nach Polen reiste.

Die Besuchergruppe wurde geleitet von unserem Stellvertretenden Bürgermeister Karl König. Auch Sven Wilcke nahm für die PETO-Fraktion an der Fahrt teil. Karl König unterzeichnete in der polnischen Marienburg eine Partnerschaftserklärung, die von Malborkern als feste Städtepartnerschaft betrachtet wird. Anschließend wurde im Malborker Stadtzentrum schräg gegenüber vom Rathaus von der Monheimer Delegation gemeinsam mit Malborks Bürgermeister Jan Tadeusz Wilk eine Monheim-Tafel am Malborker Freundschaftsbaum enthüllt. Was geschah nach der Rückkehr der Monheimer Delegation aus Malbork? Herr König musste sich von seinen Parteifreunden rüffeln lassen, nach dem Motto: „Was hast du da unterschrieben?“

Ich bin gemeinsam mit meinen übrigen Fraktionskollegen jedoch der Meinung, dass nicht Sie, Herr König, sich fragen lassen müssen, was Sie in Malbork unterschrieben haben, sondern eher wir alle als Monheimer Stadtrat uns fragen lassen müssen, warum wir nicht gleich viel mutiger gewesen sind und sofort und mit voller Überzeugung Ja gesagt haben. Wir hatten dann wieder ein interfraktionelles Gespräch am 28.Juni 2005. Die Verwaltung erläuterte die – Zitat – „Situationsdynamik und Sprachschwierigkeiten, die zur Unterzeichnung einer offiziellen Vereinbarung geführt“ hätten. Einzelne Fraktionen kritisierten das Verfahren, sprachen sich aber dennoch für eine feste Städtepartnerschaft aus. Der allgemeine Tenor von Verwaltung und Fraktionen war damals: Ein Zurück ist nicht mehr möglich und auch überhaupt nicht gewollt.

Am 26. Oktober sollte dann im Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport die feste Einrichtung einer Städtepartnerschaft vorberaten werden. Während der CDU-Fraktionssitzung kam es dann jedoch – ich weiß nicht sicher, ob es dass richtige Wort ist, aber wahrscheinlich sollte man es doch so nennen - beinahe zum Eklat. Eine Mehrheit der anwesenden Mitglieder beschloss, die Vorlage der Verwaltung abzulehnen. Ich möchte auf dieser Geschichte jetzt gar nicht ausgiebig herumreiten, denn eine Mehrheit der CDU-Ratsmitglieder ist ja doch für die sofortige Partnerschaftsunterzeichnung und zum Teil ist das auch Ihr internes Problem. Was das angeht, müssen Sie das auch intern klären oder haben es vielleicht schon geklärt, da will ich mich gar nicht einmischen. Schwierig ist natürlich, dass sich das Hickhack um die Vereinbarung längst schon bis Malbork herumgesprochen hat. In der NRZ vom 27.10. mussten wir ein Interview mit Jan Tadeusz Wilk zur Kenntnis nehmen, in der er sich zwar relativ staatsmännisch gibt, aber einen faden Beigeschmack wird das Vorgefallene in Malbork allemal hinterlassen.

Zwar ist es Ihnen bis zur Ausschusssitzung vor zwei Wochen immerhin gelungen einzelne Gegner einer sofortigen festen Vereinbarung davon zu überzeugen, nur noch mit einer Enthaltung zu stimmen, statt gleich den ganzen Beschlussvorschlag abzulehnen, doch noch besser für die Partnerschaft wäre es, wenn wir heute, wie schon am 17. März Einstimmigkeit herstellen könnten, indem wir geschlossen für die Vereinbarung votieren. Ich möchte deshalb gerne ganz kurz begründen, warum wir die Städtepartnerschaft mit Malbork befürworten und deshalb auch dafür sind, sie jetzt zu schließen. Da ist zum einen die Verbindungslinie Marienburg und Winrich von Kniprode.

Winrich von Kniprode, von dessen Jugend vieles unbekannt ist, wurde höchstwahrscheinlich zwischen 1310 und 1315 auf dem Rittersitz Kniprode hier bei Monheim geboren. Allgemein gehörten die Kniprodes wohl eher zum unbedeutenden Landadel, deshalb ist es umso erstaunlicher, welche Karriere Winrich später machte. Ich will jetzt auch keine Geschichtsvorlesung halten, aber diese Daten bilden eine direkte Verbindung zwischen Malbork und Monheim. Während seiner geistlichen und ritterlichen Ausbildung in Köln trat Winrich von Kniprode dem so genannten Deutscher Orden bei. Dieser Ritterorden war im 12. Jahrhundert nach dem Vorbild der Templer und Johanniter gegründet worden, war dann aber nicht mehr im Heiligen Land tätig, wie es ja eigentlich für Kreuzritterorden im Mittelalter üblich war, sondern im Norden des heutigen Polens. Als Winrich von Kniprode 1352 zum Hochmeister des Ordens gewählt wurde, hatte der seinen Sitz schon lange in der Malborker Marienburg verlegt. Der Orden hatte zuvor die Bewohner der dortigen Gebiete, die Pruzzen zwangsweise christianisiert, aber auch weltliche Macht aufgebaut.

Aus letzterem Grund war der Orden dem polnischen König, zunehmend im Weg, denn die Kreuzritter hatten rund um das heutige Malbork einen riesigen Gottesstaat errichtet und wurden in Polen zunehmend als Bedrohung betrachtet. Außerdem entstand eine Konkurrenz zwischen den Ordensrittern und dem polnischen Königreich um die Vorherrschaft über das Baltikum und den Ostseeraum. 1410 eskalierte dieser Streit dann in der größten Schlacht des Mittelalters. Mehr als 40.000 Ordensritter kamen um und das polnisch-litauische Heer reduzierte den Ordensstaat auf ein Rumpfgebilde um Königsberg. Während der imperialistischen Kaiserzeit und dem Nationalsozialismus wurde der Deutsche Orden immer wieder politisch missbraucht. Und auch auf polnischer Seite sahen viele Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg den Sieg von 1410 über den Orden in Grunwald als gleichwertig mit dem Sturz Hitlerdeutschlands 1945 durch die Alliierten an. Das sich Malbork und Monheim sowohl lokal – eben durch Winrich von Kniprode und unsere kleines Marienburg-Zitat - als auch staatlich gesehen – als polnische und deutsche Stadt – in diesem historischen Kontext wieder finden, finde ich sehr, sehr spannend.

Aber auch abgesehen von der Marienburg, die jedes Jahr von 700.000 Touristen besucht wird, ist Malbork eine sehr faszinierende Stadt. Wie Sie sicher schon der Zeitung entnommen haben, waren zwei meiner Fraktionskollegen und ich in den Herbstferien in Malbork. Eigentlich war unsere Reise wirklich als völlig privater Aufenthalt geplant. Wir waren alle drei zum aller ersten Mal in Polen und einfach neugierig, auf das, was uns dort erwarten würde. Wir hatten auch nicht vor, unsere Fahrt in irgendeiner Weise an die große Glocke zu hängen. Als wir nach unserer Rückkehr und jetzt im Vorfeld der BKS-Sitzung allerdings mit ansehen mussten, wie emotionslos und desinteressiert einige Ratsmitglieder diese Frage betrachten, haben wir beschlossen, doch offensiver für die Partnerschaft zu werben. Ich würde Ihnen deshalb gerne kurz schildern, warum wir gerade Malbork für eine ideale Partnerstadt halten. Und ich hoffe, Sie verzeihen mir, dass ich jetzt schon so lange rede. Ich fasse mich auch wirklich kurz.

Auf der Folie, die Herr Brock freundlicherweise gerade für mich aufgelegt hat, sehen Sie oben links die Malborker Marienburg und direkt daneben eine Statue von Winrich von Kniprode, die sich im Innenhof der Burg befindet. Auf dem mittleren Foto rechts ist noch einmal die Marienburg, jetzt von der Rückseite zu sehen. Das Foto daneben zeigt das Malborker Rathaus. Ihm gegenüber steht in einem kleinen Park der Freundschaftsbaum, den Sie unten links sehen. Dieser Freundschaftsbaum zeigt noch einmal deutlich, dass die Malborker Monheim schon als feste Partnerstadt führen. Während unserer Reise haben wir immer wieder erlebt, dass Malbork eine Stadt mit viel Flair und sympathischen Einwohnern ist. Auch von der Größe her ist Malbork mit seinen 39.000 Einwohnern Monheim sehr ähnlich. Beide Städte stehen vor vergleichbaren politischen Herausforderungen. So gibt es im Nordosten von Malbork zum Beispiel eine große Industriebrache, die seit 2003 als Sonderwirtschaftszone vermarktet wird und uns sehr an den Monheimer Rheinpark auf dem alten Shell-Gelände erinnert hat.

Malbork ist als nicht nur, was die historische Verbindung angeht, eine ideale Partnerstadt für Monheim, sondern auch so, wie sie sich heute darstellt. Ich kann Ihnen nur von ganzem Herzen empfehlen: Fahren Sie hin und überzeugen Sie sich selbst! Die wenigen Fotos, die Sie auf dem Overhead-Projektor sehen, können wirklich nur einen ganz kleinen Eindruck verlangen. Vielleicht war dieser Eindruck aber für das ein oder andere Ratsmitglied schon stark genug, so dass ich noch mal appellieren möchte, dass wir die Städtepartnerschaft wirklich alle gemeinsam befürworten.“

Redemanuskript herunterladen (pdf, 73 kB)

 

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