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Mittwoch, den 9. Oktober 2013 | 30plus-Themenabend

Etikettenschwindel Solidaritätsumlage

Für Ungläubigkeit und Erschrecken im Monheimer Rathaus sorgte zu Beginn der Sommerferien die Ankündigung der nordrhein-westfälischen Landesregierung, dass Monheim am Rhein ab 2014 voraussichtlich knapp 47 Mio. Euro pro Jahr in eine neu geschaffene „Solidaritätsumlage“ abführen muss. Mit dem Geld Monheims und 58 anderer vermeintlich reicher Kommunen in NRW will die Landesregierung die 61 notleidendsten Städte im Land unterstützen. So bekommen vor allem Wuppertal, Duisburg, Oberhausen und Essen in den nächsten Jahren erhebliche Zuwendungen, die zum Teil vom Land selbst, zu einem nicht unbeträchtlichen Teil aber eben auch von anderen Kommunen finanziert werden sollen. Es ist geplant, allen Kommunen, deren rechnerische Steuerkraft in drei von fünf Jahren hintereinander höher ausfällt als ihr vom Land unterstellter Finanzbedarf, jährlich 181,6 Mio. Euro abzunehmen.

Für Monheim am Rhein mit einer Steuerkraft in Höhe von 252 Mio. Euro und einem angenommenen Finanzbedarf von lediglich 54 Mio. Euro ergibt sich daraus eine Zahlungspflicht in Höhe von 46,9 Mio. Euro. Besteuert wird die Differenz aus Steuerkraft und Finanzbedarf mit einem Umlagesatz von derzeit 23,5 %.

Problematisch aus Monheimer Sicht ist diese Berechnungsgrundlage, weil sie dazu führt, dass die Gänselieselstadt den höchsten Umlagebetrag aller 59 Zahlerkommunen in NRW abzuführen hat. So berücksichtigt der vom Land zugestandene Finanzbedarf für Monheim am Rhein in keiner Weise, dass die Stadt allein 89 Mio. Euro Kreisumlage an den Kreis Mettmann abführt. Allein diese Zahlungspflicht übersteigt den angenommenen Finanzbedarf bei weitem.

Auch bei der Berechnung der Steuerkraft wird Monheim am Rhein schlechter gestellt als andere Kommunen. Das Land veranschlagt hierbei nämlich den Betrag, den die Stadt theoretisch an Steuern einnehmen könnte, wenn sie ihre Hebesätze auf einem vom Landtag beschlossenen fiktiven Durchschnittsniveau festgesetzt hätte. Dieser Durchschnittshebesatz liegt bei der Gewerbesteuer mit 412 Punkten rund 40 Prozent über dem tatsächlichen Monheimer Hebesatz von 300 Punkten. Da Monheim am Rhein den niedrigsten Gewerbesteuersatz in NRW vorweisen kann, ist der Abstand zum fiktiven Landesdurchschnitt hier so hoch wie in keiner anderen Kommune.

Aus den 161 Mio. Euro Gewerbesteuereinnahmen, die Monheim am Rhein im relevanten Zeitraum tatsächlich vereinnahmt hat, werden auf diese Weise 221 Mio. Euro. Das Land unterstellt damit, die Stadt könne über 60 Mio. Euro zusätzlich verfügen, die aber de facto nicht vorhanden sind.

Dass die Umlagesystematik insgesamt problematisch ist, zeigt auch das Beispiel von zwei Kommunen in NRW, deren Steuerkraft rechnerisch gesehen ebenfalls größer ist als ihr angenommener Finanzbedarf. Sprockhövel hat nach der Logik der Landesregierung zwar mehr Geld, als die Stadt benötigt, da Sprockhövel jedoch bilanziell überschuldet ist, gilt die Stadt als bedürftig. Sie bekommt Geld, statt welches abgeben zu müssen. Grevenbroich hingegen, das wie Sprockhövel eine den Finanzbedarf übersteigende Steuerkraft vorzuweisen hat, soll 1,4 Mio. Euro in die neue Umlage zahlen, obwohl der Haushalt für 2014 ein Defizit von voraussichtlich 35 Mio. Euro aufweist.

Die Beispiele illustrieren deutlich, wie schwierig die Abgrenzung zwischen reichen und armen Kommunen fällt. Wirklich reiche Kommunen, die die geforderten Millionensummen ohne Schwierigkeiten abgeben könnten, sind eigentlich nicht vorhanden.

Darauf weist auch der Städte- und Gemeindebund hin, der seit Jahren bemängelt, dass die finanzielle Ausstattung der Kommunen in NRW insgesamt unzureichend ist. Daran wird auch die geplante Solidaritätsumlage nichts ändern.

Viele Vertreter der betroffenen Zahlerkommunen ärgern sich außerdem über den Namen der neuen Umlage. Er suggeriert, dass Solidarität im kommunalen Raum erst eingeführt werden müsste. Tatsächlich sieht der kommunale Finanzausgleich jedoch schon seit Jahrzehnten vor, dass finanzstärkere Kommunen zugunsten finanzschwächerer Städte und Gemeinden einstehen.

So gibt Monheim am Rhein auch ohne Solidaritätsumlage etwa 75 % seiner Gewerbesteuereinnahmen in den kommunalen Finanzausgleich. Noch vor zwei Jahren waren es lediglich 50 %. Im Kreis Mettmann wird diese Solidaritätsleistung besonders deutlich. So konnte der Kreis seine Umlage, die von allen zehn kreisangehörigen Städten erhoben wird, mit den zusätzlichen Zahlungen aus Monheim am Rhein um rund 14 % senken. Gleiches gilt für den dahinter liegenden Umlagesatz des Landschaftsverbands Rheinland, der mit der gestiegenen Monheimer Steuerkraft ebenfalls für alle übrigen angehörigen Kommunen günstiger ausfällt.

Vor diesem Hintergrund werden die Verantwortlichen bei der Monheimer Stadtverwaltung nicht müde, den Vorwurf zu entkräften, Monheim am Rhein betreibe Steuerdumping zu Lasten seiner Nachbarstädte. Die Solidaritätsumlage wird von vielen Kritikern der Monheimer Steuerpolitik als gerechter Ausgleich für das vermeintlich unsoziale Konkurrenzverhalten angesehen.

Tatsächlich offenbaren die Steuerkraftstatistiken des Landes für Köln, Düsseldorf, Leverkusen, Langenfeld und Dormagen ein anderes Bild. Monheims direkte Nachbarstädte haben demnach nicht etwa an Steuerkraft verloren, sondern ihre Einnahmen von 2011 bis heute sogar um 4,7 Prozent von insgesamt 2,73 Milliarden auf 2,86 Milliarden Euro steigern können. Damit bewegen sich diese Städte voll in der Entwicklung des Landesdurchschnitts.

Dass Monheim am Rhein im gleichen Zeitraum stolze 338 Prozent Steuerkraft hinzugewonnen hat, scheint sich auf die Steuerkraft der Nachbarstädte nicht negativ ausgewirkt zu haben. Das ist verständlich, wenn man das eigentliche Problem der Steuersätze in NRW betrachtet. Der durchschnittliche Hebesatz für die Gewerbesteuer liegt in Nordrhein-Westfalen mit 448 Punkten so hoch wie in keinem anderen Flächenbundesland. Ein Blick in andere Bundesländer zeigt, dass dort Hebesätze zwischen 200 und 300 Punkten durchaus üblich sind. In Bayern zum Beispiel bieten 18 Prozent aller Kommunen Gewerbesteuerhebesätze von 300 Punkten oder darunter an. Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern liegen im Schnitt alle zwischen 365 und 373 Punkten. Dort würde der Monheimer Hebesatz überhaupt kein Aufsehen erregen.

Daraus ergibt sich ein klarer Wettbewerbsnachteil für die Städte und Kommunen in NRW, die im Kampf um lukrative Firmen längst in direkter Konkurrenz zu anderen günstigen Standorten innerhalb der Republik oder sogar im europäischen Ausland stehen.

Hierbei passt es ins Bild, dass die vermeintliche Steueroase Monheim am Rhein rund drei Viertel ihrer neu erlangten Steuerkraft aus anderen Bundesländern oder dem europäischen Ausland abwerben konnte. Dem kommunalen Finanzausgleich in NRW wird durch die Monheimer Hebesatzpolitik also eher Substanz zugeführt als entzogen.

Sollte es bei der geplanten Rechenmethode für die Solidaritätsumlage bleiben, wird die Stadt in jedem Fall klagen müssen. Auch hier zeigt ein Vergleich mit den Umlagemethoden in anderen Bundesländern nach Meinung der Monheimer Verwaltungsspitze, dass sich die Landesregierung auf sehr dünnem Eis bewegt. Es ist zweifelhaft, ob die Überbeanspruchung einiger weniger Kommunen vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Bestand haben wird.

Da ein Klageerfolg dennoch nicht sicher ist, soll der Monheimer Gewerbesteuersatz im kommenden Jahr noch einmal sinken. Mit 285 statt der bisher geltenden 300 Punkte sollen die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt durch zusätzliche Ansiedlungen noch einmal leicht steigen. Für 2014 sind Einnahmen in Höhe von 200 Mio. Euro geplant, für das Jahr 2015 sogar 225 Mio. Euro. Feste Zusagen von Gewerbesteuerzahlern liegen der Stadtverwaltung bereits vor.

Mit diesen Einnahmen soll es nicht nur gelingen, die Solidaritätsumlagepflicht zu erfüllen, sondern auch an den vom Stadtrat bereits beschlossenen Maßnahmen wie der Abschaffung der Kita-Beiträge, dem Ausbau der städtischen Wirtschafts- und Tourismusförderung und den verschiedenen neuen Projekten im sozialen Bereich festzuhalten. Der Haushaltsplan 2014 enthält außerdem alle Investitionsprojekte, die in den kommenden Jahren für die Schulen, die Feuerwehr und den weiteren Innenstadtumbau erforderlich sind.

Er ist trotz der voraussichtlichen Zahlungspflicht für die Solidaritätsumlage in Höhe von 47 Mio. Euro im nächsten Jahr und bis zu 59 Mio. Euro in den folgenden Jahren ausgeglichen. Das Ziel ist es, die erreichte Schuldenfreiheit in jedem Fall zu erhalten.

 

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