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Montag, den 5. März 2012 | PETO-Blatt-Artikel

Das Wunder von Monheim

von Daniel Zimmermann

Im vergangenen Dezember konnte die Monheimer Wirtschaftsförderung eine kleine Sensation verkünden: Die örtliche Gewerbesteuer soll ab 2012 auf den niedrigsten Wert in Nordrhein- Westfalen sinken und zukünftig nur noch 300 statt bisher 435 Punkte betragen. Zum Vergleich: In Düsseldorf beträgt der so genannte Hebesatz für die Gewerbesteuer 440 Punkte, in Langenfeld, dem bisher günstigsten Standort im Kreis Mettmann, sind es 360 Punkte.

Jeweils 100 Punkte bedeuten für ein Unternehmen rund 3,5 Prozent reale Besteuerung. Statt der bisher zu zahlenden 15,2 Prozent müssen Monheimer Gewerbetreibende demnächst also nur noch 10,5 Prozent ihrer steuerrelevanten Erträge an die Stadt abführen. Für ein Großunternehmen kann das jährlich mehrere Millionen Euro ausmachen, aber auch ein Apotheker kann je nach Umsatz bis zu 15.000 Euro jährlich sparen.

Die Grundsteuer, die von allen Hauseigentümern und auch von Mieterinnen und Mietern über die Nebenkostenabrechnung gezahlt wird, soll ebenfalls sinken. Wurden bisher 455 Punkte veranschlagt, so sollen es in Zukunft nur noch 400 Punkte sein. Für ein durchschnittliches Einfamilienreihenhaus sind das rund 40 bis 50 Euro Ersparnis pro Jahr.

In der Presse fand die Ankündigung der Monheimer Wirtschaftsförderer ein großes Echo. „Das Wunder von Monheim“ titelte zum Beispiel die Rheinische Post auf ihren Lokalseiten, aber auch überregional und im Fernsehen wurde über die neue Monheimer Steuerpolitik berichtet. Immer wieder meldeten sich jedoch auch kritische Stimmen. Die Steuersenkung ließe sich langfristig nicht aufrechterhalten. Außerdem sei zu befürchten, dass unter den Städten der Region ein ruinöser Wettbewerb um günstige Steuersätze ausbreche, bei dem es keine Gewinner, sondern nur Verlierer geben könne.

In ihren Reden zur Einbringung des Haushalts in den Stadtrat versuchten Kämmerer Max Herrmann und Bürgermeister Daniel Zimmermann indes Anfang Februar die Befürchtungen der Skeptiker zu widerlegen. Trotz der bereits einkalkulierten Steuersenkungen weist der Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2012 einen Überschuss in Höhe von 20,1 Millionen Euro aus. „Einen solchen Start in die Haushaltsplanberatungen des Rates hat es meines Wissens noch nicht gegeben“, sagte Daniel Zimmermann in seiner Rede. „Für die Stadt Monheim am Rhein brechen nach Jahren des Nothaushalts und Jahrzehnten der Haushaltssicherung neue Zeiten an.“

Statt einer Verringerung der Einnahmen, sei mit einem deutlichen Plus zu rechnen. Die absehbaren Gewerbesteuererträge reichen, so Kämmerer und Bürgermeister einmütig, um die versprochene Steuersenkung zu finanzieren. So belaufen sich die für das Jahr 2012 erwarteten Gewerbesteuererträge auf immerhin 85 Millionen Euro. In den Folgejahren ist mit 95 bis 100 Millionen Euro zu rechnen. „Weitere Neuansiedlungen von Unternehmen neben denjenigen, von denen wir auch ohne Hebesatzsenkung ausgegangen waren, sind in diese Zahlen bewusst nicht eingearbeitet“, machte Daniel Zimmermann in seiner Rede deutlich.

Auch dem kritisierten Wettbewerb zwischen Kommunen sieht der Bürgermeister gelassen entgegen: „Wäre dieser Wettbewerb nicht gewünscht, dann dürfte der Gesetzgeber die Gestaltung der Grundsteuer- und der Gewerbesteuerhebesätze nicht den Kommunen überlassen.“ Die gesetzlich festgelegte Untergrenze von 200 Punkten werde in Monheim noch lange nicht erreicht. In anderen Bundesländern gebe es viele Kommunen, die Hebesätze von 300 Punkten oder weniger anböten, so zum Beispiel in den Großräumen Berlin und München, aber auch in Baden-Württemberg oder der Nähe von Frankfurt. „Warum also sollte es nicht möglich sein, gleiches in Nordrhein-Westfalen zu tun?“ fragte Daniel Zimmermann.

Genüsslich konnte der Bürgermeister dann bilanzieren, mit welchen Neuansiedlungen die Stadt fest rechne. Insgesamt werde die Zahl der vorhandenen Arbeitsplätze in den nächsten zwei Jahren um etwa 1500 steigen. Den größten Beitrag liefert die Firma Ecolab, die mit 700 bis 900 Beschäftigten ins Baumberger Weidental kommt. 200 weitere Arbeitsplätze entstehen auf der alten Doosan-Fläche im Rheinpark, die die Stadt im Sommer zurückgekauft hat, um sie an einen deutsch-niederländischen Investor weiterzugeben. In einem ersten Bauabschnitt werden dort Büroräume für insgesamt drei Firmen geschaffen, die neu nach Monheim kommen. Ein kleineres chinesisches Bürozentrum an der Rheinparkallee sowie mehrere Ansiedlungen kleiner mittelständischer Unternehmen im Gewerbegebiet Knipprather Busch komplettieren die vertraglich vereinbarten Neuansiedlungen. „Innerhalb von nur zwei Jahren gewinnt der Wirtschaftsstandort Monheim damit genauso viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse hinzu, wie in den letzten zehn Jahren insgesamt neu entstanden sind“, freut sich Daniel Zimmermann. Monheim am Rhein belege mit dieser Dynamik den Spitzenplatz im Kreis Mettmann.

Bei den Fraktionsvorsitzenden der im Rat vertretenen Parteien bedankte der Bürgermeister sich für Ihre Unterstützung. „Sie haben, als wir im August letzten Jahres im interfraktionellen Gespräch zusammen saßen und ich Ihnen gemeinsam mit Herrn Herrmann die Strategie zur Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes erläuterte, die Chancen für unsere städtischen Finanzen erkannt. Sie haben Mut bewiesen, die vorbereitete Absichtserklärung zu unterzeichnen, ohne sich der Rückendeckung Ihrer gesamten Fraktionen zu versichern. Und Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass das Thema nicht nach außen gedrungen ist“, so Zimmermann. Ausgestattet mit der schriftlichen Absichtserklärung der Fraktionsvorsitzenden, die Gewerbesteuer senken zu wollen, sei es im zweiten Halbjahr 2011 dann tatsächlich gelungen, die erhofften Zusagen über Gewerbesteuererträge einzuwerben.

Dennoch warnten sowohl Max Herrmann als auch Daniel Zimmermann in ihren Reden vor zu großer Euphorie, indem sie den Blick auf die Haushaltsjahre 2014 und 2015 richteten. Dann wird Monheim mit seiner neu gewonnenen Steuerkraft erstmals voll kreisumlagepflichtig. Von den erwirtschafteten Gewerbesteuererträgen verbleiben dadurch nur noch 25 Prozent in der städtischen Kasse. Der Rest fließt dem Kreis Mettmann und dem Land NRW zu. Das führt dazu, dass in diesen Jahren, den „fettesten Steuerjahren“, so Max Herrmann, „negative Ergebnisse von 4,4 und 2,4 Millionen Euro ausgewiesen“ werden müssen. „Die Herabsetzung des Hebesatzes auf 300 Punkte ist ganz klar eine Strategie, die dazu führen soll, ertragsstarke Unternehmen, die wir heute noch nicht kennen, in den Jahren 2012 und 2013 anzusiedeln, damit Jahresfehlbeträge in der Zukunft ein Fremdwort werden“, so Max Herrmann weiter. Ob das tatsächlich gelingen werde, wisse man jedoch erst in zwei Jahren. Bis dahin gelte es, den Haushalt nicht mit zusätzlichen strukturellen Ausgaben zu belasten.

Auch Daniel Zimmermann machte deutlich, dass ein Großteil der Arbeit erst noch bevorstehe, lediglich ein „erstes Etappenziel“ sei erreicht. Der große Erfolg, den man zum jetzigen Zeitpunkt vorweisen könne, liege darin, „dass wir auf Grundlage der etatisierten Gewerbesteuereinnahmen das Nothaushaltsrecht verlassen und mit 300 Punkten den niedrigsten Gewerbesteuerhebesatz in NRW anbieten können“.

Die erfolgreiche Imagekampagne „Monheim am Rhein PLUS“ müsse – ergänzt um die Botschaft „der niedrigsten Gewerbesteuer in NRW“ – weiter ausgebaut werden. Neben dem Linienbus, der als Werbeträger der städtischen Wirtschaftsförderung durch die Region fährt, sollen auch im Jahr 2012 Annoncen in unternehmerrelevanten Zeitungen und Radiowerbung in Auftrag gegeben werden. „Ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort lässt sich nur vermarkten, indem man offensiv auf dessen Vorteile hinweist“, so Zimmermann.

Wichtig sei auch, gemeinsam mit den Fraktionen eine neue Flächenpolitik abzustimmen. „In unseren bisherigen Ansiedlungskriterien spielt das Gewerbesteueraufkommen praktisch keine Rolle. Das wollen wir ändern.“ So könne man es unter den neuen Rahmenbedingungen nicht länger vertreten, auf dem 40.000 Quadratmeter großen Bahngrundstück hinter dem Monberg einen Logistiker anzusiedeln. „Das Defizit in der Bahnsparte der Bahnen der Stadt Monheim, das bei knapp über 300.000 Euro liegt, darf uns nicht davon abhalten, diese Fläche an gute Gewerbesteuerzahler zu vermarkten. Wir werden als Stadt auf lange Sicht mehr davon haben, auf ein gesundes flächenschonendes Gewerbesteueraufkommen zu achten, als der fehlenden Tonnage für unseren Güterverkehr hinterherzulaufen“, sagte Daniel Zimmermann.

Auch die Verfügbarkeit neuer Gewerbeflächen werde wichtiger als bisher. Mit der Entwicklung der Gewerbestandorte Menk, UCB und Schmolz & Bickenbach seien bereits die ersten Weichen zur Nutzung neuer Flächen gestellt. Diese Flächen gelte es in den nächsten Jahren sehr bewusst zu vermarkten, betonte auch Max Herrmann: „Sorgfältige Auswahl statt Hektik ist angesagt“, damit sich ein stimmiges Verhältnis von verbrauchter Fläche zum jeweils dort generierten Gewerbesteuerertrag ergebe.

Den gemeinsamen Appell fasste Max Herrmann schließlich in einer augenzwinkernden Drohung an die Monheimer Ratspolitiker zusammen: „Mit dem Satzungsbeschluss am 28. März 2012 haben Sie erst einen Startblock in die Laufbahn geschlagen, der Sie zwar mit großer Kraft in Bewegung setzt, aber zum Ziel laufen müssen Sie immer noch selbst. Bewahren Sie sich dafür Ihre Kondition und auch Reserven für Zwischenspurts! Es soll nämlich einen Gesetzesantrag von Kämmerern zur Gemeindeordnung geben. Darin wird geregelt, dass Räte, die aus einer so hervorragenden Startposition ihre Städte in die Haushaltskrise rennen lassen, bei der nächsten Wahl zwangsweise wiedergewählt werden.“

 

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